Kaiserschnitt: Ja! Nein! Vielleicht?

Kaiserschnitt: Ja! Nein! Vielleicht?

In den letzten Jahren deutlich zu beobachten ist eine zunehmende Anzahl an Kaiserschnittgeburten. War es in den 80er-Jahren nur jedes zehnte bis elfte Kind, das auf diesem Weg das Licht der Welt erblickte, so ist es heutzutage schon jedes fünfte. Experten sind davon überzeugt, dass jede zweite Kaiserschnitt-Geburt dabei auf Wunsch der werdenden Mutter durchgeführt wird. Obwohl keine medizinischen Beweggründe vorliegen und einer natürlichen Geburt entsprechend nichts im Wege stünde, entscheiden sich heute immer mehr Frauen für den terminierten Kaiserschnitt. Der geplante Kaiserschnitt auf Wunsch oder Wunschkaiserschnitt, in der medizinischen Fachsprache “elektive Sectio“ genannt, wird etwa zehn bis 14 Tage vor dem errechneten Geburtstermin durchgeführt.

Die Vor- und Nachteile des terminierten Kaiserschnitts
Die Vorteile:
Auch ein medizinisch nicht zwingend erforderlicher Kaiserschnitt hat dennoch seine Vorteile, insbesondere da bei einer natürlichen Geburt nie vorausgesagt werden kann, dass sie komplikationslos verlaufen wird.
Vorteile für das Baby:
Bei einem Kaiserschnitt werden die Risiken für das Baby wie beispielsweise ein Schädel- oder Schlüsselbeinbruch vermieden, ebenso wie Hirnschäden, die durch einen akuten Sauerstoffmangel während der Geburt ausgelöst werden könnten.
Vorteile für die Mutter:
Mit einem Kaiserschnitt erspart sich die werdende Mutter sowohl die Schmerzen stundenlanger Wehen als auch den eigentlichen Geburtsschmerz, welcher zumeist auch als Begründung für den geplanten Kaiserschnitt dient. Zudem muss sie bei einem Kaiserschnitt weder einen Dammriss oder einen Dammschnitt, noch Verletzungen am Beckenboden befürchten, die oftmals im Anschluss an eine natürliche bzw. vaginale Geburt eine Harn-Inkontinenz nach sich ziehen können.
Vorteile für das Klinik-Team:
Für Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen bringt ein geplanter Kaiserschnitt ebenfalls Vorteile mit sich. So kann der Termin so gelegt werden, dass er sich nahtlos in den Klinikalltag einreiht, da zu erwartende Komplikationen im Vergleich zu einer natürlichen Geburt fast vollständig ausgeschlossen werden können, was zugleich das Risiko von möglichen Kunstfehlern erheblich senkt.
 

Die Nachteile:
Auch wenn es viele Vorteile zu geben scheint, so hat jeder Kaiserschnitt – und in diesem Fall auch der geplante - seine negativen Seiten.
Nachteile für das Baby:
Unter Experten noch immer umstritten ist der Einfluss eines Kaiserschnitts auf die psychische Entwicklung und Stabilität des Kindes. Bisher nicht eindeutig beantwortet werden können dementsprechend die Fragen, inwieweit das Baby den Weg durch den Geburtskanal und den damit verbundenen Geburtsstress für seine geistige und körperliche Entwicklung braucht, und inwieweit die Kaiserschnittgeburt die natürliche Beziehung oder Bindung zwischen Mutter und Kind negativ beeinflusst. Daneben birgt ein Kaiserschnitt auch gesundheitliche Risiken für das Neugeborene. Normalerweise bzw. während einer natürlichen Geburt, wird das Fruchtwasser auf dem Weg des Babys durch den Geburtskanal vollständig aus seinen Lungen gepresst. Bei einem Kaiserschnitt hingegen muss das verbliebene Fruchtwasser durch das Klinik-Team abgesaugt werden. Dabei oder auch im Anschluss daran, kann es zu Atemschwierigkeiten des Babys kommen, die eine intensivmedizinische Versorgung des Neugeborenen erforderlich machen. So lange, bis das kleine Würmchen eigenständige und vor allem regelmäßige Atemzüge macht, wird es dementsprechend mit Sauerstoff versorgt und von seiner Mama getrennt. Fraglich ist, ob das Leben des neuen Erdenbürgers auf diese Weise beginnen sollte. Das Risiko dieses so genannten “Atemnot-Syndroms“ ist bei Kaiserschnittkindern um ein Zwei- bis Vierfaches erhöht. Ebenfalls vermutet wird, dass Kinder, die per Kaiserschnitt auf die Welt geholt wurden, häufiger unter der so genannten “Tränenwegs-Stenose“ leiden als natürlich geborene Säuglinge. Die Tränenwegs-Stenose, die Verengung der Tränenwege mit dem Ergebnis eines dauerhaft tränenden Auges, das oftmals zu weiteren Infektionen neigt, entsteht vermutlich dadurch, dass beim Kaiserschnitt ein Häutchen im Tränenweg nicht wie auf dem natürlichen Geburtsweg weggesprengt werden kann.
Nachteile für die Mutter:
Auch ohne Komplikationen sorgt die frisch gesetzte Kaiserschnittnarbe für Schmerzen und eine Einschränkung der Mutter, sich in den ersten Tagen nach der Geburt voll und ganz ihrem Kind widmen zu können. Frauen, die auf natürliche Weise entbunden haben, sind im Vergleich viel schneller wieder fit und einsatzbereit, zumal der Geburtsschmerz just in dem Moment, in dem der erste Schrei des Babys ertönt, vergessen zu sein scheint, und der kleine Wonneproppen im Arm die Erinnerungen an die letzten anstrengenden Stunden nahezu ausblendet. Die Erfahrung, sich nicht sofort selbst um ihr Kind kümmern zu können, belastet viele Mütter, die ihr Kind via Kaiserschnitt zur Welt gebracht haben, im Nachhinein so sehr, dass sie sich oftmals schuldig und niedergeschlagen fühlen. Rein physisch gesehen kann es nach einem Kaiserschnitt zu einer Infektion der Wundnarbe, zu Embolien oder einer Verwachsung der Gebärmutter kommen. Letztere lassen auf der Gebärmutter Narben entstehen, die einen weiteren Kinderwunsch gefährden können. Denn dann sind Risse in der Gebärmutter ebenso möglich wie Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter, Fehlgeburten oder Plazenta-Störungen. Zudem bildet sich die Gebärmutter nach einem Kaiserschnitt langsamer zurück als nach einer vaginalen Geburt. Der Wochenfluss ist zwar dafür zwar geringer, aber langandauernder.
Nachteile für den Vater:
Von einer Kaiserschnitt-Geburt ist auch der Kindsvater betroffen. Während die natürliche Geburt die kleine Familie – zumindest, sofern der Vater bei der Geburt anwesend sein kann – zusammenschweißt, ist diese Möglichkeit bei einem geplanten Kaiserschnitt nicht gegeben. Das Kind ist plötzlich einfach da, ohne dass der Vater wirklich begreifen und vor allem erleben kann, welchen Weg dieses kleine Wunder der Natur hinter sich gebracht und erfolgreich gemeistert hat.
Die Nachteile für alle Beteiligten auf den Punkt gebracht:
Auch ein geplanter Kaiserschnitt kann nicht alle gesundheitlichen Risiken ausgrenzen. Vor allem aber ist bis heute nicht nachweisbar, welche psychischen Folgen dieser Eingriff im Nachhinein für Mutter, Vater und Kind haben kann.
Fazit:
Ob es sich beim geplanten Kaiserschnitt um eine zeitgemäße Form der Geburt oder einen Modetrend handelt, muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Doch eines ist klar: Auch wenn durch den geplanten Kaiserschnitt die Geburtsschmerzen verhindert werden, bleibt der Schmerz des Bauchschnitts. Ein Baby komplett schmerzfrei auf die Welt zu bringen, wird wohl immer ein Mythos bleiben. Keine Frau sollte entsprechend leichtfertig auf eine natürliche Geburt verzichten, nur weil der Kaiserschnitt auf den ersten Blick bequemer erscheint. Die letztendliche Entscheidung jedoch trifft jede werdende Mama für sich und ihr Baby allein – und dabei sollte sie auf ihr Gefühl und die Meinung ihres Gynäkologen vertrauen und sich zur Entscheidungsfindung auch den Rat einer Hebamme einholen.